Blended Scotch

14. Tasting
... bei Mike am 29.11.2013

Seit 4 Jahren tasten wir was der Terminkalender hergibt. Beim letzten Tasting haben wir ein wenig aufgeräumt, und ein paar Destillen abgehakt, welche es davor noch nicht ins Tasting geschafft haben. In den vier Jahren wurden 147 Pullen entkapselt und probiert. Zusätzlich hat jeder bei privaten Treffen, Messen und Barbesuchen weitere Tröpfchen probiert.

Fast immer waren es Single-Malts. Von den 147 waren nur 5 Blends (Famous Grouse, Black Grouse, Black Bottle, Johnnie Walker Green und Dewars 12). Wenige Vatted wie der Six Isles. 

Trinkt jetzt der Whisky-Trinker den Single-Malt weil der besser schmeckt? ... oder weil er reiner ist und nicht gemischt? ... oder weil man es einfach so macht?
Auf jeden Fall werden die Blends eher belächelt oder abgewatscht. Aber ist es fair einen 50€ Single-Malt mit den Johnnie Red von der Whisky-Bar im Hotel zu vergleichen?
Dieser Standard-Blend, der in jedem Supermarkt-Regal bzw. Gaststätten-Bar steht kennt man, ebenso noch Chivas Regal 12, Dimple 15, Ballantines Finest oder 12. 
Weniger kennt man deren Brüder in der 50€-Klasse. Diese Frage wurde auch im Cutty-Forum diskutiert.

Um mitreden zu können, werden wir uns die bekannten Blends in exclusiverer Ausprägung zur Brust nehmen.
Werden wir wohl einen schönen Whiskyabend wie bisher haben? Oder wird es eher ein zweitklassischer "Blend-Abend"?
Wir hoffen doch ersteres ... denn nicht umsonst spricht man von dem hohen Kunsthandwerk eines Master-Blenders. Wir werden uns unser eigenes Bild machen. Vielleicht kommen wir ja sogar zur Erkenntnis, dass wir uns bisher einseitig ernährt haben ... wir werden es erfahren.

Interessant an dieser Stelle ... welcher Single-Malt ist der Lead-Whisky, also der Geschmacksträger. Hier eine Liste, welcher Malt in welchem Blend steckt.

Mal schauen, was es dann letztendlich auf den Tisch schafft ...

Hier ein paar mögliche Kandidaten in der Region zwischen 30€ und 60€:

 

Und hier die Empfehlungen aus dem Cutty-Forum-Thread, der oben schon verlinkt ist:

  • Private Stock (Adelphi)
  • Asyla (Compass Box)
  • Stewart's Cream of the Barley 
  • Bailie Nicol Jarvie kurz gesagt B.N.J.
  • House of Lords, no age, 43%, Reimport aus USA

 

... und noch weitere Tipps aus einem neuen Thread von Haase
Compass Box Great King Street ... "Die überzeugende Alternative für Malt-Whisky-Liebhaber"

 


Und für dieses LineUp hat sich Mike entschieden:

v.l.n.r.: 

 


 

... und so wars 

Diesmal wurde wieder zu acht getastet. Nachdem unser Hans leider seit einem Jahr nicht mehr unter uns ist, haben wir seinen Platz bis heut nicht neu besetzt. Dies wollen wir zunächst aus so belassen. Für den 8. Platz darf der Gastgeber nun immer einen Gast einladen ... und Mike hat Guido gefragt. 

Um es vorweg zu nehmen ... das geilste am Abend war Mikes selbst geräuchertes Schweinefilet.
Der absolute Hammer ... zart, rauchig, salzig ... a Gosch voll Gschmack ... so muss Islay !!! Smile

Aber nun zu den Kandidaten ...

Hinterher ist man immer klüger ... Kandidat 1 war sehr stark, und an dem mussten sich die Nachfolger messen lassen.
Naked Grouse - tolle Farbe, tolle süße Nase, erinnert an Highland Park ... ist auch mit Macallan einer der Lead-Whiskys von den Grouses. Ein toller Schmeichler. Und für 30€ kann man den sich gut in die Bar stellen. Der stinkt locker mit Single Malts mit ... in der Preisklasse sowieso. Kam bei allen gut an.

Der Golfball ging gar nicht ... man ist die Flasche hässlich, und die Plastik-Umverpackung verdient nicht den Namen Tube, Box, Karton etc. ... in sowas hat die Tante Emma in ihrem Laden die weißen Mäuse drin, bzw. Kinder ihre Straßenkreiden.
Es fielen auch so Kommentare wie "Flasche ist schwul", und einhändig max. von einem Handballer bedienbar ... eigentlich hat er schon verloren, bevor er im Glas ist ... aber egal ... St. Andrews ist ne tolle Stadt, ist das Mekka des Golfsports und Kate+William haben dort studiert und sich lieben gelernt ... aber Whisky?
Ne ... wenn jetzt wenigstens aus der Kugel was leckeres rausgekommen wäre. Absolut grainig, riecht nach After Shave, Minze, insgesamt sehr dünn ... mit Einbildung nach Lebkuchengewürz ... ne ne ne ... der bekam auch von allen sehr niedrige Punkte. Schmeckt nicht.

Dann ein Markenplatzhirsch - Chivas Regal 18. Na da ist alles schon viel wertiger. Tolle Box. 
Farbe: ach Wunder - Bernstein ... ist auch alles gefärbt. Aber nun die große Enttäuschung. Haben wir wirklich was eingeschenkt? Keine Nase ... und der Geschmack? ... nix ... hmmm ... da sind aber mal zu viel Kanten abgeschliffen worden. Und der hat international viele Preise eingeheimst? Vielleicht müssen die Events ja auch bezahlt werden ... aber toll ist anders. Wenigstens brennt er nicht im Mund. Irgendwie bitter/süß, etwas Vanille ... für den teuersten im Feld ist das zu wenig. Und dann auch nur 40% ... das ist insgesamt zu schwachbrüstig. Da hätten wir uns von einem der Marketing-Führer mehr erwartet ... aber es kommt ja nochmal einer.

Johnnie Walker Swing ... in der Superior-Ausführung, d.h. die Flasche wurde für die dekadenten Kreuzfahrtschiffe gemacht ... mit Swingboden, damit die Flasche sich bei Seegang ausrichtet, d.h. das Teil wackelt. Mannomann ... was sich die Marketen alles einfallen lassen. Sieht auf den ersten Blick indisch aus. Und dann die Überraschung ... großer Bruder vom meist getrunkenen Hotelbar-Whisky ... und dann Schraubverschluss!!! Billiger Spritzguss ... wie Felix bemängelt.
Aber auch der ... voll die Enttäuschung: keine schöne Nase, parfümig. Sehr scharf im Mund, Ingwerschärfe. Auch wieder nix zu definieren ... vielleicht etwas Honig und Haferflocken.
Ich denk da an die armen Handelsreisenden, die von ihrem wichtigen Geschäftspartner einen "guten Tropfen" ausgegeben bekommen, und dann keine Miene verziehen dürfen. Nix für Whisky-Liebhaber. Für 45€ bekommt man definitiv anderen geilen Stoff. 
Das war aber auch dann derjenige, den keiner wollte ... 

Tja, außer dem Naked Grouse konnten die Blends noch nix.

Der Spice Tree von Compass Box war da schon besser. Zwar nicht so wie der Naked, aber ganz nette Nase. Im Mund aber auch wieder eine Ingwerschärfe. Sehr kurzer Abgang. Man tut sich echt schwer was rauszuschmecken ... Pflaume, Pfirsich? Man schmeckt, dass er zu 100% aus Bourbonfässern kommt. Immerhin gewinnt er den Designpreis bei Harald. Die Lead-Whiskys sind Dailuaine und Teaninich ... beide sind uns bisher auch noch nicht als Single Malt unter gekommen. Hat das einen Grund? Wer ein gutes Schorle will, muss auch einen guten Wein nehmen, sagt man bei uns im Schwabenländle. Famous Grouse hat das mit HP+Macallen vorgemacht.
Nett ... aber nix besonderes. 

Hart Brothers 17 Jahre ... vielleicht der wenigstens. Ui ... nach was riecht denn der, erinnert an die Zeit, als mit Kumpels in der Garage die ersten Drogenerfahrungen gesammelt wurden ... was für Patex-Schnüffler. Verdünnung, Klebstoff. Tritt mit seinen 50% auch ordentlich an. Schmeckt nach zu lange gezogenem Pfefferminztee mit etwas Schokolade. 

Jetzt sind wir gespannt. Der erwachsene Bruder vom nackten Huhn. The Famous Grouse 18 ... jaaaa ... jetzt sind wir wieder beim Whisky. Leckere süße Nase, etwas Honig, Nelke ... erinnert wieder an HP ... ist da ein wenig Rauch? Sehr komplex im Geschmack ... zwar auch nichts zum rausschmecken, aber egal ... der schmeckt einfach. Einer der Gewinner des Abends.

The Peat Monster ... Aufmachung erinnert an Harry Potter. Puh ... die Nase verlangt was ab. Erdig, faulig ... Augen zu und man sieht sich auf einem Bauernhof stehen. Außer diesen Aromen ist nicht viel anderes da. Sehr einseitig in eine Richtung. Zwar jetzt nicht schlecht ... irgendwie rotzig ... aber auch nicht das Potential zum Nachkaufen. 

Und nun der letzte ... The Big Smoke. Etikett wie in einem Western. Und was ist den das ... Farbe ist helles Stroh ... nicht Bernstein? Haben wir hier keinen Blend? Wink
Und auch bei dem ist Name Programm ... viel Smoke. Ganz gut ... aber irgendwie auch to much ... synthetisch, nicht wie Laphi nach Krankenhausflur, anders.
Und vom Rest ist wieder sehr wenig da. Man würde ihn schon als Islay durchgehen lassen, aber auch der ist in der selben Preisklasse wie der Classic of Islay, und da ist dann halt ein Single Malt (evtl. sogar Laga) in Fassstärke im Glas.

Fazit:
Insgesamt haben uns die Ecken und Kanten gefehlt ...  das, was bei vielen Single Malts Spaß macht. Generell verteufeln muss man Blends aber nicht. Teilweise lecker, teilweise easy-drinking, nix wo man sich konzentrieren muss, großer Tumbler neben dem Grillen, Flachmann auf der Fasnet ... es gibt sicherlich Einsatzgebiete. Die Grouses haben überzeugt ... vor allem der Naked ist eine echte Alternative, da preislich mehr wie i.O.

Die Marken-Platzhirsche Chivas und Johnnie haben mega-enttäuscht, zumal auch ordentliche Preise für wenig Geschmack und wenig % aufgerufen werden. Das ist die Preisklasse vom Laga16 bzw. Bowmore Darkest.
Compass-Box macht auf modern ... aber geschmacklich haben sie sich nicht so richtig aufgedrängt. 
Und in Golfbälle füllt man keinen Whisky. 

Fairerweise muss aber auch sagen, dass JB+Haase vor dem Tasting noch zwei "Tekker" im Glas hatten ... deutscher, äh sorry Svabian Whisky. Den Standard 5yo und einen 12yo-Single Cask mit ca. 50%.
Alle inkl. Golfball sind da unserer Meinung nach (bitte nicht Abmahnen) mind. eine Liga drüber ... unsere neun war alle unverkennbar Scotchs, wenn auch nicht die leckersten für unseren Gaumen.

Und in diese Bars sind die Flaschen gewandert:

Mike - Big Smoke
Fetze - Naked Grouse
Harald - hat sich dem Golfball erbarmt
JB - Famous Grouse 18
Haase - Hart Brothers 17
Felix - der Schiffers 18 steht auf seinem Regal
Walle - Spice Tree Compass Box
Guido - Peat Monster Compass Box
... und übrig blieb der Johnnie Wakler ... den gibts dann bei den öffentlichen Tastings