Die Guten und die Bösen

...  oder vielleicht treffender: Zuckerwatte und Zimmerbrand

19. Tasting
am 01.04.2016 bei Harald

Harald hat sich das Motto gewählt um eher "lieblich"-süffige Whiskys, den rauchigen Vertretern der Zunft gegenüberzustellen. Welche davon aber nun die Guten oder die Bösen sind, wird sich herausstellen. Vielleicht sind ja auch die vermeintlich Bösen, zugleich auch gut oder sogar lecker Smile

Wir bleiben aber bei Scotch Whisky. Hätte man doch bei diesem Motto auch deutsche Whiskys mit ins LineUp nehmen können - die Rollenverteilung wäre dann klar gewesen.

Wir sind mal gespannt.

Wird auf jeden Fall ein abwechslungsreicher Abend. Wir freuen uns auf den 01. April.


Und so wars ...

Whow ... Harald hats geschafft. Nachdem seine Tochter nun mit eigener Familie längst das Haus verlassen hat, durfte Harald sich ein Whiskyzimmer einrichten. Respekt.

Schwerer dunkler Schrank für seine Schätzchen, in der Mitte zwei hohe lange Tische mit acht Barhockern, und an der Tür die Dartscheibe fürs Programm nach dem offiziellen Teil ...
die Rahmenbedinungen passen.

Harald hat das ursprünglich angekündigte LineUp nochmal etwas abgeändert. Anstatt dem Glendronach und dem Finlaggen durfte der Balvinie Double Wood und der Auchentoshan Three Wood mitspielen.

Hier das neue Gruppenbild.

LineUp Harald16

Haralds Gast war diesmal sein Freund Christoph Giebeler.

Doch nun zu den Einzelkritiken:

Harald wollte das Battle: gefällig, mild, süß vs. Raubauze, die rauchig und torfig sind. Gaumenschmeichler gegen Rachenputzer  Smile

 

Als Opener der Klassiker Balvenie Double Wood. Fruchtige Gummibären in der Nase und am Gaumen etwas Honig. Ein schöner Allrounder für jeden Tag. Allerdings war bei vielen die Sensorik noch nicht auf "on" gestellt, denn er tat sich schwer. Hat nicht allen auf Anhieb gefallen. Wurde auch als dünn bezeichnet, was aufgrund seiner 40% auch noch stimmen könnte.

Danach gings in die Lowlands. Im Internet sei wohl der Auchentoshan als einer der süßesten empfohlen worden. Naja ... maximal gefällig. Eigentlich ist er bei vielen durchgefallen. Wenig Aroma, keine Nase, kein oder kurzer Abgang, etwas Mundschärfe. Lecker ist anders. Es ging auch nochmal ein Glas vom Balvenie durch. Im direkten Vergleich wurde der Balvenie erst stark. Auchentoshan nix in der Nase ... Balvenie leckere Früchte. Manchmal brauchts erst den Vergleich. 
Interessant, dass wir den Three Wood im September 2010 bei JB schon mal im LineUp hatten, und da hat er nach drei Macallans davor, gar nicht so schlecht abgeschnitten. Lag es an den Whiskys davor, oder hat in der Zeit die Qualität gelitten?

Als nächstes ein weiterer Klassiker ... Glenfarclas 15. Auch der Gewinner des Abends, den Harald als Gastgeber für sich behielt. Da ist alles da was ein Dram braucht. Schöne süße Sherryaromen, schokoladig, ledrig, schöne Farbe, schönes langes Mundgefühl. Soll ja auch etwas rauchig sein. Davon merkt aber keiner was.

Haralds Lieblingsdestille ist Glenmorangie und er sammelt alle Destillerieabfüllungen. Den Glenmo- rangie Milsean hatte er mehrfach, wollte ihn eh aufmachen und probieren, und stellte ihn mit ins LineUp. Preislich fällt der absolut aus der Range ... ehemaliger EK von Ü80€, bzw. da Rarität mittlerweile ca. 130€. Diese Anmoderation hätte Harald vielleicht nicht machen dürfen, da wir natürlich jetzt mit ganz anderen Erwartungen rangegangen sind, und wie schade, der Glenmo diese nicht halten konnte. Dünne Nase, wenig Aroma ... ein Lasanta, Nectar D´Or oder Quinta Ruban können da mehr für wesentlich wengier Euronen. Ein maximal mittelmäßiger Stoff, was beweist, dass die Whiskyindustrie momentan einen am Lattenzaun hat. Aber gut, als Sammlerstück macht sich die weiß-rot-gestreifte Aufmachung hübsch im Regal.

Tja ... das waren die ersten vier ... waren das jetzt die Guten? 

Böse war der Tomintoul Peaty Tang. Muss echt nicht sein ... nur etwas syntethischer Peat und das wars. Keine Nase, kein Abgang ... nur komisch, metallisch. Eindeutig ein Versuch, der mit vier Jahren Reifezeit so aber noch nicht in die Flasche gehört. Den hatte Hans damals im Juli 2011 auch schon mal im LineUp. Und auch da fand er keine Fans ... der ist zu jung und zu designed, quasi die ersten Versuche von Tomintoul um auch auf den Rauchzug aufzuspringen.

Seit einiger Zeit vertreibt Tomintoul deren getorften Whisky unter der Bezeichnung "Ballantruan".
Auch den hatte schon mal Walle in seinem LineUp im April 2013. Er ist etwas besser geworden, als sein Vorgänger. Aber der Geschmack ist immer noch zu übertrieben nach Peat designed. In der Nase und im Mund eine zimtige Schärfe, erinnert an den Kaugummi Big Red. Mit 50% natürlich wieder ordentliche Brüste, aber wie im echten Leben, künstlich ist meist nicht überzeugend. Damals bei Walle ging es uns auch schon so, auch da wurde er eher abgewatscht. Unser Geschmack hat sich also doch nicht geändert.

Danach kam der neuen Standard-Peated von Edradour, der Ballechin 10. Den hatte Haase und Felix schon als Familienwhisky und wurde auch bei diesem Tasting, zusammen mit dem Glenfarclas der Sieger. Der ist rauchig, süß, rund ... ein echter Islay eben ... halt moment, kein Islay ... aber man könnte es meinen. Der darf mit den Islays in einem Atemzug genannt werden. Und mit knapp unter 50€ und Altersangabe bewegt er sich in einer tollen Preisklasse.

Als Letzter im offiziellen LineUp konnte der Bunnahabhain auch noch punkten. Cruach Mhona bedeutet zwar Torfstapel, aber so torfig war er jetzt nicht. Aufgrund von seinen 50% hat er aber wenigsten eine ordentlich breite Brust und füllt den Mundraum. Ein schöner Standard für einen fairen Preis.

Harald hat uns die beiden Auswechselspieler nicht vorenthalten, und so ging es nun an den Glendronach 12. Da merkt man einfach, dass Glendronach ähnlich wie Glenfarclas eine der Sherrymalt-Destillen ist, und schon immer zu den guten Standards gehört hat. Schöne Aromen, etwas süße, hinten etwas trockener Sherry, ein unkomplizierter Everyday-Dram.

Und mit dem Finlaggan sind wir noch zur Fassstärke vorgedrungen. Peat mag nicht jeder, darum hat er nicht allen geschmeckt. Aber wenn es PS-mäßig rummst, ist einfach oft mehr Spaß im Glas.
Mehr Wärme, vollmundiger, längerer Abgang ... und man hat etwas Potential um mit Wasser zu spielen. Ist ne andere Liga wie Trinkstärke.

 

Haben wir nun ein Fazit? Gibt es böse und gute?
Es gibt leckere getorfte und leckere ungetorfte, und genauso umgekehrt.
Und oft tun ein paar Umdrehungen mehr auch dem Aroma gut. 
Und es gibt Destillen bei denen funktioniert und schmeckt das Peat-Experiment wie bei Edradour, und manche sollten besser sein lassen.
Auf jeden Fall war es wieder ein sehr schöner Männerabend Wink 
Das Whiskyzimmer ist gecheckt !!!